28.12.2017

Der Karren der Gefühle




Ein kleines Mädchen lief an der Seite ihres Vaters, als dieser plötzlich an der Kurve eines Weges anhielt.
Nach einer kurzen Zeit der Stille fragte er sie:
„Was hörst du mein Kind?“
Das Mädchen spitzte seine Ohren. Einige Sekunden später antwortete sie:
„Papa ich höre den Lärm eines Karren, der sich uns nähert.“



„Sehr gut“, antwortete ihr Vater. „Du hast recht. Wir laufen einem leeren Karren entgegen.“
Sie fragte ihn erstaunt:
„Wie kannst du wissen, dass der Karren leer ist?“

Und der Vater entgegnete ihr:
„Wegen der Geräusche, die er verursacht, ist es sehr einfach zu wissen, ob er beladen ist oder nicht.“
„Je weniger sich im Karren befindet, desto mehr Lärm macht er.“
Das Mädchen wurde erwachsen und immer, wenn sie auf jemanden traf, der damit prahlte, was er doch alles besitze, überkam sie das Gefühl, dass sie die Stimme ihres Vaters sagen hörte:
„Je weniger sich im Karren befindet, desto mehr Lärm macht er.“

(Volksmärchen)

10.12.2017

Auf der anderen Seite

http://www.hansen-klaus.de/gallery/dsc_5068.jpg
Der Sommertag war mild, genauso wie ich ihn mag. Von unerträglicher Hitze keine Spur. Es war sonderbar, ich hörte keine Insekten und kein Gezwitscher der Vögel. Absolute Stille.
Vor mir breitete sich eine riesige Blumenwiese aus, mit Blumen, welche ich schon lange nicht mehr gesehen hatte. Die Farbenpracht war einmalig und ich staunte über diesen seltsamen Ort.
Etwas weiter weg von mir, sah ich meine Großmutter, welche langsam in meine Richtung schlenderte. Hin und wieder bückte sie sich und pflückte eine Blume, für die sie dann den passenden Platz in ihrem kleinen Strauß suchte.
Ich beobachte sie und wollte auf sie zueilen. Doch ich konnte meine Beine nicht heben. So blieb ich, wo ich stand und schaute ihr entgegen. Plötzlich bemerkte sie mich und lächelte. Sie grüßte mich, doch sie bewegte ihre Lippen nicht. Ich antwortete auch mit Gedanken und war sehr verblüfft, dass wir uns auf diese Weise verständigen konnten. Außerdem sah sie um einiges jünger aus, als wie ich sie in Erinnerung hatte.
Ich war zu Besuch gekommen, weil ich wissen wollte wie es ihr geht. Sie sagte mir sanft, dass es ihr sehr gut gehe. Ich fragte sie, was sie denn hier sonst noch mache, außer Blumen pflücken und spazieren. Sie erklärte: „Dann helfen wir den Anderen“ „Was meinst du damit?“ wollte ich wissen. „Dreh dich um“, meinte sie verschmitzt.
Ich wendete mich um und sah weiter entfernt einen ungepflasterten Weg, der aus einem orangefarbenen Nebel kam. Ich konnte nicht erkennen, wohin der Weg führte, es schien mir, als ob er zu einem Bogen führte. Ich sah den Bogen nicht deutlich, denn er war in viele Nuancen von gelben und hellorangen Licht getaucht. Auf dem Weg sah ich mehrere Gestalten, teilweise zügig vorangehen, manche sehr langsam und ängstlich. Niemand hat mir gesagt, dass sie ängstlich seien, ich spürte es. Einige Gestalten hockten am Boden, den Kopf auf die Knie gelegt und schienen wie erstarrt.
Dann sah ich meine Großmutter auf eine kauernde Gestalt zugehen. Sie legte ihren Arm auf dessen Schulter und es sah für mich so aus, als würde sie aufmunternde Worte sagen. Dann stand die Gestalt auf und meine Großmutter griff stützend zu. Sie versuchte die Gestalt weiter zu ziehen, doch beide kamen nicht wirklich richtig weiter. Äußerst langsam bewegte sich die Gestalt und meine Großmutter half bei jedem Schritt. Jetzt verstand ich, was sie damit meinte: „Wir helfen den Anderen."

Meine Oma verstarb im August 1999 / Dieser Besuch bei ihr fand im Mai 2017 statt.

08.12.2017

Ein kleines Licht geht auf die Reise


Ich hatte eine Eingebung: Es geht um eine Aktion, welche wenig kostet und einsamen Menschen etwas Freude bringen wird.
Die Idee ist, einer (oder mehreren) einsamen Person(en) einen Brief oder ein Billett mit feierlichem Charakter zu senden
Es kann ein kleine Weihnachtsgeschichte sein, ein Gebet, ein Gedicht, eine Zeichnung, eine selbst gebastelte Karte, oder einfach ein Gruß aus der Ferne mit einem netten Wunsch.
Es gibt sicher in der unmittelbaren Nachbarschaft oder in der eigenen Familie einsame Menschen, denen man einen Brief zukommen lassen kann.
Man kann eventuell auch in einem Heim oder im Hospiz nachfragen, ob Post für die Klienten erwünscht ist.
Kannst du dir vorstellen, dass aus dieser Idee etwas wird?
Mit lieben Gruß - Bea